Abrechnung im PKH-/VKH-Verfahren? – Woher kommt der Gegenstandswert für die Abrechnung, wenn das Gericht keinen Wert festsetzt?

Es gibt Tätigkeiten, für die bei Gericht keine oder (nur) sog. Festgebühren zu zahlen sind. Das betrifft insbesondere das Verfahren über die Prozesskostenhilfe (PKH). Bei Gericht fallen im Prozesskostenhilfeverfahren nur Gebühren an, wenn die Beschwerde gegen eine die PKH ablehnende Entscheidung verworfen oder zurückgewiesen wird (Nr. 1812 GKG-KV/1912 FamGKG-KV – Festgebühren i. H. v. 60 €). Im Übrigen ist das Verfahren (gerichts-)gebührenfrei. Das ist auch der Grund dafür, dass das Gericht in diesen Fällen von Amts wegen gar keinen Wert festsetzen darf.

I. Wertfestsetzung auf Antrag des Anwalts

Für diesen Fall hat das Gesetz dem Anwalt für die Abrechnung seiner Tätigkeit ein eigenes Wertfestsetzungsantragsrecht zugebilligt, das sich aus § 33 Abs. 1 RVG ergibt. Ohne einen Antrag des Anwalts geschieht nichts. Stellt der Anwalt den Wertfestsetzungsantrag im PKH/VKH-Verfahren, muss das Gericht den Wert für die Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit festsetzen – sowohl für das PKH-Prüfungsverfahren als auch für das Beschwerdeverfahren.

II. Gegenstandswert im PKH/VKH-Verfahren

Die Wertfestsetzung richtet sich nach § 23a RVG. Im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestimmt sich der Wert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert. Im Übrigen ist er nach dem Kosteninteresse nach billigem Ermessen zu bestimmen.

1. PKH nur für einen Teil der Hauptsache

Wird die Prozesskostenhilfe nur hinsichtlich eines Teils der Hauptsache beantragt, ist nur dieser Teilwert maßgebend. Das Interesse an der Befreiung von Prozesskosten ist unerheblich. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Prozesskosten geringer oder höher sind als der Wert der Hauptsache. Auch dann, wenn lediglich Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung beantragt wird oder mit der Maßgabe, dass die Partei einen Teil ihres Vermögens einzusetzen hat oder aus einem durch den Rechtsstreit erzielten Erlös die Prozesskosten später zurückzahlen soll, bleibt es beim vollen Wert der Hauptsache.

2. Nur die Beiordnung des Anwalts ist im PKH-Verfahren streitig

Dieser Wert ist auch dann maßgebend, wenn es „nur“ um die Frage der Beiordnung des Anwalts geht (BGH v. 15.9.2010 – XII ZB 82/10, AGS 2010, 549 m. Anm. N. Schneider).

3. Sonstige Verfahren im Sinne des § 23a Abs. 1 RVG

In sonstigen Verfahren (§ 124 Abs. 1 Nr. 2–4 ZPO) ergibt sich der Gegenstandswert aus dem Kosteninteresse und ist nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 23a Abs. 1 Hs. 2 RVG).

4. Beschwerdeverfahren

In Beschwerdeverfahren gelten dieselben Grundsätze wie im Ausgangsverfahren. Bei einer Beschwerde gegen die Zurückweisung der Bewilligung oder der Beiordnung gilt der volle Hauptsachewert, soweit die Bewilligung oder die Beiordnung weiterverfolgt wird. Bei einer Beschwerde gegen die Anordnung oder Höhe der Ratenzahlungen ergibt sich der Gegenstandswert aus der Differenz der angeordneten und der vom Beschwerdeführer begehrten Ratenzahlungen (BGH v. 12.9.2012 – XII ZB 658/11, AGS 2013, 32 m. Anm. N. Schneider).

III. Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeiten im PKH-Verfahren

Im Verfahren über die Prozesskostenhilfe entsteht höchstens eine 1,0-Gebühr nach Nr. 3335 VV-RVG. Im Beschwerdeverfahren wird eine 0,5-Gebühr nach Nr. 3500 VV-RVG ausgelöst.

Beispiel:

Der Anwalt wird beauftragt, Prozesskostenhilfe für die gerichtliche Geltendmachung eines Betrags i.H.v. 4.000 € zu beantragen und Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung über die PKH einzulegen. Seine Vergütung ist folgende, wobei die Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG durch den Anwalt selbstständig bei Gericht zu beantragen ist (s.o.).

1. PKH-Verfahren (Gegenstandswert 4.000 €)

1,0-Gebühr nach Nr. 3335 VV-RVG
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV-RVG

Zwischensumme

19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG

Gesamt:

252,00 €
20,00 €

272,00 €

51,68 €

323,68 €

2. Beschwerdeverfahren (Gegenstandswert 4.000 €)

0,5-Gebühr nach Nr. 3500 VV-RVG
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV-RVG

Zwischensumme

19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG

Gesamt:

126,00 €
20,00 €

146,00 €

27,74 €

173,74 €

Bild: Adobe Stock/©MIND AND I

Autor

  • Lotte Thiel

    Lotte Thiel war Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte waren das Familienrecht und das anwaltliche Gebührenrecht. Sie hat im Deutschen Anwaltverlag zahlreiche Werke zum RVG veröffentlich, z. B. Fälle und Lösungen in Familiensachen, ABC der Kostenerstattung etc.

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