Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt nur auf Antrag der Partei. Der Antrag muss vor Abschluss der Instanz gestellt werden. Eine Bewilligung ohne Antrag ist trotzdem wirksam, gegebenenfalls ist eine Abänderung gem. § 120 IV ZPO oder die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 ZPO zu prüfen.
Alle Antragsformulare können auf justiz.de heruntergeladen werden.
Dem Antrag sind das (vollständig(!) ausgefüllte) Formular „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ und Belege zu allen Angaben beizufügen. Der Verweis auf eine etwaige Insolvenz reicht allein nicht aus.[1] Bei Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten kann die Kenntnis von der Formularpflicht vorausgesetzt werden; eines besonderen Hinweises bedarf es nicht.[2]
Minderjährige Kinder und Bezieher:innen von Leistungen gem. SGB XII[3] (!) können gem. § 2 PKHFV[4] ggf. eine vereinfachte Erklärung abgeben. Allerdings immer nur, soweit das Gericht nichts anderes anordnet.
Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfeformularverordnung – PKHFV) […]
§ 1 Formular
(1) Für die Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Absatz 2 Satz 1 oder nach § 120a Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung ist das in der Anlage bestimmte Formular zu verwenden.
(2) Absatz 1 gilt nicht für die Erklärung einer Partei kraft Amtes, einer juristischen Person oder einer parteifähigen Vereinigung.
§ 2 Vereinfachte Erklärung
(1) Ein minderjähriges unverheiratetes Kind, das in einer Abstammungssache nach § 169 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder in einem Verfahren über den Unterhalt seine Rechte verfolgen oder verteidigen oder das einen Unterhaltsanspruch vollstrecken will, kann die Erklärung gemäß § 117 Absatz 2 Satz 1 oder § 120a Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung ohne Benutzung des in der Anlage bestimmten Formulars abgeben, wenn es über Einkommen und Vermögen, das nach § 115 der Zivilprozessordnung einzusetzen ist, nicht verfügt. Die Erklärung des Kindes muss in diesem Fall enthalten:
1. Angaben darüber, wie es seinen Lebensunterhalt bestreitet, welche Einnahmen es im Monat durchschnittlich hat und welcher Art diese sind;
2. die Erklärung, dass es über Vermögen, das nach § 115 der Zivilprozessordnung einzusetzen ist, nicht verfügt; dabei ist, soweit das Kind oder sein gesetzlicher Vertreter davon Kenntnis hat, anzugeben,
a) welche Einnahmen die Personen im Monat durchschnittlich brutto haben, die dem Kind auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht Unterhalt gewähren;
b) ob die Personen gemäß Buchstabe a über Vermögensgegenstände verfügen, deren Einsatz oder Verwertung zur Bestreitung eines dem Kind zu leistenden Prozesskostenvorschusses in Betracht kommt; die Gegenstände sind in der Erklärung unter Angabe ihres Verkehrswertes zu bezeichnen.
Die vereinfachte Erklärung im Antragsvordruck für das vereinfachte Verfahren zur Abänderung von Unterhaltstiteln ist weiterhin möglich; sie genügt auch, wenn die Verfahren maschinell bearbeitet werden. Das Kind kann sich auf die Formerleichterungen nicht berufen, wenn das Gericht die Benutzung des in der Anlage bestimmten Formulars anordnet.
(2) Eine Partei, die nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch laufende Leistungen zum Lebensunterhalt bezieht, muss die Abschnitte E bis J des in der Anlage bestimmten Formulars nicht ausfüllen, wenn sie der Erklärung den zum Zeitpunkt der Antragstellung aktuellen Bewilligungsbescheid des Sozialamtes beifügt, es sei denn, das Gericht ordnet dies ausdrücklich an. […]
Anwaltszwang besteht nicht, auch wenn in der Hauptsache Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist.
Werden Klage und Prozesskostenhilfeantrag gleichzeitig eingereicht, ist fraglich, ob zunächst nur der PKH-Antrag gestellt werden soll. Gibt es dafür keine Anhaltspunkte, ist anzunehmen, dass beide Anträge gestellt werden. Der Klageantrag kann nach herrschender Meinung nicht unter der Bedingung der Prozesskostenhilfebewilligung gestellt werden.[5] Grundsätzlich ist eine Klage bedingungsfeindlich.[6] Möglich ist das Beifügen des Klageentwurfs oder die Bitte, die Klage nicht vor Entscheidung zuzustellen.
Nach Beendigung der Instanz ist die Bewilligung ausgeschlossen.[7]
1. Zuständigkeit
Die Zuständigkeiten für Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren verteilen sich zwischen Richter:in und Rechtspfleger:in. Ist der Rechtspfleger für das Hauptsacheverfahren zuständig, kann er alle Entscheidungen selbst treffen.
Die Zuständigkeit für die Prozesskostenhilfebewilligung folgt der Zuständigkeit für das Hauptverfahren (Richter:in/Rechtspfleger:in).
Der Rechtspfleger bzw. die Rechtspflegerin ist zudem zuständig für:
- Anordnung der Einstellung/Wiederaufnahme von Zahlungen
- die PKH-Überprüfung
- die Änderung der Zahlungsbestimmung
- die Aufhebung bei
- Nichtabgabe der Erklärung gem. § 120a ZPO
- Nichtmitteilung von Änderungen
- falschen Angaben zu den subjektiven Voraussetzungen
- Zahlungsrückstand
- Sonderfall ist § 118 III ZPO, § 20 Nr. 4a RPflG:
- Übertragung auf Rechtspfleger:in möglich
- im Einzelfall,
- für Auskünfte, Erhebungen u.s.w.
- jedoch nicht die Entscheidung.
- Übertragung auf Rechtspfleger:in möglich
Der Richter bzw. die Richterin[8] ist zuständig für:
- Aufhebung bei falschen Angaben zu den objektiven Voraussetzungen
- Aufhebung der Beiordnung des Rechtsanwalts/der Rechtsanwältin
2. Glaubhaftmachung der Angaben
Die gemachten Angaben sind von der Partei glaubhaft zu machen, soweit es das Gericht verlangt.
Hierzu kann das Gericht Erhebungen anstellen. In erster Linie kann die Vorlage von Urkunden verlangt werden.
Als vorzulegende Urkunden, d. h. Belege, kommen vorrangig in Betracht:
- Aktuelle Kontoauszüge (regelmäßig drei Monate), grundsätzlich ungeschwärzt[9] (das heißt vollständig lesbar) Ausnahmen sind nur für sogenannte „besondere Arten personenbezogener Daten“[10] zulässig.[11] Hier ist die Erforderlichkeit der Daten gesondert zu prüfen (§§ 67a I S. 2, 67 XII SGB X)
- Einkommensnachweise/Bescheide über Sozialleistungen
- Versicherungsschein
- Kreditunterlagen
- Sparbuch
- Grundbuchauszug
- Bausparverträge
- Selbstständige: Jahresabschluss, Steuerbescheid (des Vorjahres[12]), ggf. die betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA)
Die Belegvorlagepflicht entfällt nur, wenn sie „nutzlose Förmelei“ ist und die Angaben „ohne Weiteres glaubhaft sind“.
Wird eine Vielzahl von Belegen vorgelegt (Anlagenkonvolut), kann von der Partei erwartet werden, dass sie diese sortiert und nummeriert (mit entsprechendem Vermerk im Formular) einreicht[13]
Die einzureichenden Belege müssen in deutscher Sprache vorliegen, ggf. ist eine Übersetzung beizufügen.[14]
Das Gericht kann aber auch selbst Auskünfte einholen. Hier ist insbesondere an die Beiziehung von Akten weiterer Verfahren zu denken. Es besteht jedoch kein Amtsermittlungsgrundsatz. Der Partei ist bei Einholung externer Auskünfte stets vorher rechtliches Gehör zu gewähren. Besondere Zurückhaltung ist bei Anfragen an Privatpersonen, Unternehmen etc. geboten. Der Gesetzgeber hat mit der PKH-Reform den Gerichten kein allgemeines Recht auf Auskunft gewährt. Insbesondere Anfragen an die BaFin[15] sind insoweit nicht zulässig.[16]
Allerdings kann das Gericht in Zweifelsfällen ausdrücklich die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verlangen. Hierauf kann sich die Partei jedoch nicht berufen, wenn Belege vorgelegt werden können.[17]
Bei freiwilligen Leistungen Dritter kann verlangt werden, dass die Partei eidesstattliche Versicherungen dieser Personen vorlegt.[18]
Aufgrund der erheblich höheren Vermögensfreibeträge im Bürgergeld sind auch bei Bezieher:innen dieser Leistungen Angaben zum Vermögen erforderlich.
3. Umfang der Bewilligung nach § 119 ZPO
Prozesskostenhilfe kann stets nur für den jeweiligen Rechtszug bewilligt werden. Relevant ist hier die kostenrechtliche Sicht, d.h. jeder Verfahrensabschnitt, der gesondert Kosten verursacht.
Für die Berufung muss die PKH-Bewilligung somit beispielsweise erneut beantragt werden.
Eine gesonderte Bewilligung wird daher stets benötigt für:
- Einstweilige Anordnung/Einstweilige Verfügung (§ 48 IV RVG)
- bei Klageerweiterung/-änderung
- die Rechtsmittelinstanz
- einen Mehrvergleich[19]
- etwaige Ordnungs- und Zwangsmittel
Keine gesonderte Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist erforderlich für:
- den Fall des Prozessvergleichs
- einen Vergleich in weiteren Scheidungsfolgesachen (§ 48 III RVG)
4. Zeitpunkt der Wirkung der Bewilligung
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wirkt nicht auf die Zeit vor der Antragstellung zurück. Dies ist für die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren und fälligen Monatsraten von erheblicher Bedeutung.
Maßgeblich ist allein der Wortlaut des Bewilligungsbeschlusses. Dieser entfaltet Bindungswirkung, auch wenn er fehlerhaft ist. Ist kein Beginndatum angegeben, wird davon ausgegangen, dass der Beschluss auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt. Im Zweifel ist eine klarstellende Entscheidung notwendig.[20]
Für die Prüfung der Bedürftigkeit ist jedoch stets der Zeitpunkt der Entscheidung relevant.
5. Beiordnung eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin
Ein Rechtsanwalt ist immer dann beizuordnen, wenn er vorgeschrieben oder notwendig ist. Auch die Waffengleichheit mit der Gegenseite kann die Notwendigkeit der Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten begründen.
Möglich ist auch die Beiordnung eines Verkehrs-/Beweisaufnahmeanwalts, ggf. eines Notanwalts.
Ein Rechtsanwalt, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist, kann grundsätzlich nur beigeordnet werden, soweit dadurch keine höheren Kosten entstehen. Diese Einschränkung ist im Bewilligungsbeschluss ausdrücklich zu erwähnen. Der Rechtsanwalt erhält dann die Reisekosten bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattet.[21] Fehlt die Einschränkung, erhält der Rechtsanwalt die Reisekosten in voller Höhe erstattet.[22] Zur Ermittlung der höchst- möglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks und der daraus resultierenden erstattungsfähigen Fahrtkosten kann der Reisekostenrechner auf gerichtsbezirke.de genutzt werden.
6. Wirkung der PKH nach § 122 ZPO
§§ 122, 123 ZPO
Die Wirkung der Prozesskostenhilfe ist in den §§ 122, 123 ZPO beschrieben. Die Kernaussage von § 122 ZPO ist:
Die PKH-Partei darf vorerst für die Gerichtskosten und die Vergütung ihres Anwalts nicht in Anspruch genommen werden!
Nach § 3.1 Durchführungsbestimmung zum PKH-Gesetz sind Gerichtskosten vorerst außer Ansatz zu lassen.
Der PKH-Anwalt darf seine Vergütung nicht von der Partei einfordern. Die jeweiligen Ansprüche bleiben bestehen. Sie können jedoch – ähnlich wie bei einer Stundung[23] – nicht durchgesetzt werden (Forderungssperre).
„Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss.“
(§ 123 ZPO)
Die oben genannten Grundsätze gelten direkt wie auch indirekt. Die PKH-Partei soll auch nicht über die Erstattungspflicht gegenüber dem Gegner in Anspruch genommen werden können.
Daher befreit § 122 II ZPO unter Umständen auch den Gegner von der Zahlung der Gerichtskosten.
Beispiel[24]
In einem Rechtsstreit ist der Klägerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die Beklagte bestreitet die Forderung und tritt für ihren Vortrag Beweis an durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Gericht hält das Vorbringen der Beklagten für erheblich und erlässt einen Beweisbeschluss, wonach ein Sachverständigengutachten eingeholt werden soll. Müsste jetzt die Beklagte einen Vorschuss für die zu erwartenden Sachverständigenkosten einzahlen und würde dieser verbraucht, so könnte sie, sofern sie obsiegt, diese Kosten von der Klägerin erstattet verlangen und gegen sie festsetzen lassen (§ 123 ZPO). Damit würde die Regelung des § 121 Abs. 1 Nr. 1 ZPO unterlaufen, wonach die bedürftige Partei nicht mit Kosten belastet werden soll.
Dies führt dazu, dass von der PKH-Partei gezahlte Vorschüsse zu erstatten sind. Allerdings gilt § 122 ZPO (wie immer) nur im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe. Zahlungen, die vor Bewilligung erbracht wurden, werden daher nicht erstattet. Insoweit fehlt es an der Hilfsbedürftigkeit.[25]