Wer Prozesskostenhilfe beantragt, muss seine finanziellen Verhältnisse offenlegen. Die gemäß Prozesskostenhilfebekanntmachung geltenden Freibeträge werden vom Einkommen der Antragstellenden abgezogen.
Reicht das eigene Vermögen zur Finanzierung eines Rechtsstreits nicht aus, besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO zu erhalten.
Bei der Prüfung der finanziellen Verhältnisse des Antragstellenden werden vom Einkommen bestimmte Freibeträge abgezogen, die zur Deckung der Lebenshaltungskosten bestimmt sind. Die Höhe der Freibeträge richtet sich jeweils abhängig von den Regelsätzen nach § 28 SGB XII. Zum 01.01.2025 trat die Prozesskostenhilfebekanntmachung 2025 in Kraft. Die PKHB 2025 ist im BGBl. 2024 I Nr. 429 veröffentlicht und enthält nur noch vier Betragsspalten.
1. PKH-Freibeträge 2025
Bundesweite Freibeträge | Landkreis Fürstenfeldbruck | Stadt München | Landkreis München | |
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Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen | 282 € | 295 € | 296 € | 290 € |
Partei, Ehegatte oder Lebenspartner:in | 619 € | 649 € | 650 € | 637 € |
Freibetrag für unterhaltsberechtigte Erwachsene | 496 € | 520 € | 519 € | 510 € |
Freibetrag für unterhaltsberechtigte Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres | 518 € | 540 € | 541 € | 534 € |
Freibetrag für unterhaltsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres | 429€ | 443 € | 446 € | 441 € |
Freibetrag für unterhaltsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres | 393€ | 408 € | 407 € | 404 € |
2. Schonvermögen
Gem. § 115 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 90 SGB XII hat der Rechtsuchende zur Bestreitung anfallender Rechtsanwalts- bzw. Gerichtskosten neben seinem Einkommen sein gesamtes Vermögen einzusetzen. Vorhandenes Vermögen kann jedoch nur dann eingesetzt werden, soweit dieses durch Veräußerung, Belastung oder Beleihung oder in sonstiger Weise in flüssige Geldmittel umgesetzt werden kann. Was als Vermögen zu betrachten ist, wird durch die Verweisung auf § 90 SGB XII deutlich. Eine eigene Definition in § 115 ZPO hat der Gesetzgeber nicht getroffen. Gem. § 115 Abs. 3 ZPO ist § 90 SGB XII entsprechend anzuwenden. Die Prüfung des Begriffs „Vermögen“ erfolgt daher anhand der sozialrechtlichen Vorschriften.
Insoweit gilt, dass sich das außer Ansatz zu lassende Schonvermögen nach der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 11. Februar 1988 (BGBl. I S. 150); zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2328) auf einen „kleineren Barbetrag“ von 10.000 Euro beläuft. Folglich kann ein Sparguthaben von bis zu 10.000 Euro dazu führen, dass man immer noch als „mittellos“ im Sinne der Prozess- bzw. Verfahrenshilfe gilt.
3. Beispielberechnung des einzusetzenden Einkommens
Im Median verdienen deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 44.407 Euro pro Jahr. Das hat das Jobportal StepStone für das Jahr 2023 ermittelt. Die Hälfte wird also darunter liegen. Geht man nun davon aus, dass ein Vermögen von 10.000 Euro bei der Berechnung der Bedürftigkeit anrechnungsfrei bleibt und nun deutlich höhere Freibeträge gelten, dürfte dies zur Folge haben, dass ein Großteil dieses Bevölkerungsanteils in den Genuss von ratenfreier Prozess- bzw. Verfahrenskosten kommen wird.
Beispiel:
Der Mandant ist verheiratet und hat ein fünf Jahre altes Kind. Er erzielt ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.000 Euro. Die monatliche Miete beträgt 900 Euro.
Einkommen:
Abzüge:
Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b) ZPO
Partei, Ehegatte oder Lebenspartner:in (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 a) ZPO
Kind (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 b) ZPO
Miete:
Verbleibendes einzusetzendes Einkommen:
2.200,00 EUR
-282,00 EUR
-619,00 EUR
-393,00 EUR
-900,00 EUR
6,00 EUR
Damit ist ratenfreie Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das gilt selbst dann, wenn noch ein Sparguthaben von bis zu 10.000 Euro vorhanden wäre.
Das Beispiel zeigt, dass selbst durchschnittlich verdienende Bürger:innen in den Anwendungsbereich der ratenfreien Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe fallen. Das Beispiel berücksichtigt dabei noch nicht weitere für die Berechnung relevante Beträge wie erhöhte Freibeträge, Versicherungen, Fahrtkosten und dergleichen.
4. Bewilligung von Beratungshilfe
Die PKH-Freibeträge bilden auch die Grundlage für die Berechnung der wirtschaftlichen Voraussetzungen der Beratungshilfe. Beratungshilfe sollen nur diejenigen erhalten, bei denen sowohl die wirtschaftlichen als auch die objektiven Voraussetzungen erfüllt sind. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BerHG wird Beratungshilfe dann gewährt, wenn der bzw. die Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann. § 1 Abs. 2 BerHG verweist hierbei auf die Bestimmungen des Prozesskostenhilferechts.
Beratungshilfe wird nur dann bewilligt, wenn die Voraussetzungen zur Gewährung von ratenfreier Prozesskostenhilfe vorliegen. Die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens, des zumutbar einzusetzenden Vermögens sowie die Frage, ob Raten zu zahlen sind, orientiert sich damit an § 115 ZPO. Dieser legt fest, inwieweit der bzw. die hilfsbedürftige Rechtsuchende Einkommen und Vermögen für die Beratungshilfekosten einzusetzen hat, die ihm bzw. ihr voraussichtlich entstehen werden.
Beratungshilfe wird danach nur gewährt, wenn
- das ermittelte einzusetzende Einkommen weniger als 20 Euro beträgt, also die Berechnung des hälftigen verbleibenden Resteinkommens nach den Bestimmungen der §§ 114 ff. ZPO damit unter 10 Euro liegt und somit keine Ratenzahlung zu leisten wäre
und
- kein verwertbares Vermögen vorhanden ist.